Gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag

1.  Testierfreiheit

Die Testierfreiheit als Befugnis eines Bürgers, sein Vermögen nach seinem Tod beliebigen Personen zukommen zu lassen, ist ein wesentliches Merkmal einer freiheitlichen Rechts- und Wirtschaftsordnung. Ohne sie wäre das Eigentum entwertet und der Eigentumserwerb letztlich nicht lohnend. Stellen Sie sich nur vor, der Bürger müsste damit rechnen, dass nach seinem Tod sein Vermögen ganz oder teilweise eingezogen würde. Das würde ihm nicht nur die Motivation nehmen, persönliches Vermögen zu schaffen sondern auch die Frage aufwerfen, ob dies Vermögen dem Staat verbleiben soll oder nach welchen Gesichtspunkten es an wen neu ausgegeben werden soll — damit sind wir dann schnell bei Staatseigentum, Planwirtschaft und staatlich gelenkter Vermögens— und damit Einkommensverteilung.

Deshalb gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG das Eigentum und das Erbrecht.

Die notwendigen Grenzen der Testierfreiheit werden einerseits durch zwingende Gesetzesvorschriften, andererseits durch Selbstbindung des Testierers gezogen.

2.  Gesetzliche Grenzen der Testierfreiheit

a)  Letztwillige Verfügungen von Heimbewohnern

Nach § 134 BGB sind letztwillige Verfügungen, die gegen § 14 HeimG verstoßen, wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.

Nach § 14 Abs. 5 HeimG ist es dem Leiter, dem Beschäftigten und sonstigen Mitarbeitern des Heims – gemeint sind Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige – untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung Geld oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag versprechen oder gewähren zu lassen. Ob dies Verbot auch für Testamente von Heimbewerbern gilt, ist umstritten.

Nach § 14 Abs. 6 HeimG kann die nach Landesrecht zuständige Aufsichtsbehörde im Einzelfall Ausnahmen zulassen, wenn die Leistungen noch nicht versprochen oder gewährt sind. Eine solche Ausnahmebewilligung muss deshalb vor der Testamentserrichtung vorliegen.

Aus dem Gesetzeswortlaut „versprechen oder gewähren lassen“ folgert die Rechtsprechung (bei BayObLG NJW 1992, 55), dass das Verbot nur dann besteht, wenn der Heimträger oder der Heimbeschäftigte von der letztwilligen Bedenkung Kenntnis hat.

Sinn der Verbote ist die Sicherstellung der Gleichbehandlung der Heimbewohner und der Schutz der Heimbewohner vor Ansinnen oder Erwartungen des Heimpersonals, welche die Testierfreiheit der Heimbewohner beeinträchtigen. Dieser Schutzzweck macht die Vorschriften auch verfassungskonform. Wichtig ist, dass

  • auch externe Mitarbeiter des Heims, wie Friseure und der Betreuungsarzt, Adressaten des Verbots sind;
  • auch Angehörige der in § 14 Abs. 5 HeimG genannten Personen vom Verbot erfasst werden.

b) Zuwendungen an Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes

Nach § 70 Bundesbeamtengesetz bzw. § 10 Abs. 1 BAT dürfen Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit nur mit Zustimmung ihres Dienstherren annehmen. Hierunter fallen auch Begünstigungen durch letztwillige Verfügungen.

Ob es sich bei den genannten Vorschriften um Verbotsgesetze i.S. von § 134 BGB handelt, ist umstritten, aber wohl zu bejahen.

c) Verbot gesetzwidriger Anordnungen (§ 134 BGB)

Das, was zu § 14 Abs. 5 HeimG erörtert worden ist, gilt grundsätzlich für jeglichen Verstoß einer letztwilligen Verfügung gegen ein gesetzliches Verbot:

Eine solche letztwillige Verfügung ist nach § 134 BGB unwirksam.

d) Verbot sittenwidriger Anordnungen (§ 138 BGB)

Entsprechendes gilt für eine letztwillige Verfügung, die gegen die guten Sitten verstößt.

Es kommt hierbei nicht darauf an, ob der Erblasser gegen Gebote verstoßen hat, in denen er persönlich die Verwirklichung des sittlich Guten sah. Erforderlich und ausreichend ist der Verstoß gegen das objektive Sittengesetz als eine geübte Gemeinschaftsordnung, eine gelebte Wertordnung, deren normative Kraft von der moralischen Durchschnittsauffassung ihrer Mitglieder getragen wird. Die Verfügung in ihrem Gesamtbild muss gegen die guten Sitten verstoßen.

Das in diesem Zusammenhang so oft zitierte „Geliebtentestament“ hat schon seit Jahren als Beispiel ausgedient. Die Einsetzung eines neuen Partners oder einer neuen Partnerin bei Bestehen der Ehe anstelle des Ehegatten oder ehelicher Kinder wird heute nicht mehr per se als Verstoß gegen die guten Sitten beurteilt.

3. Gesetzlicher Typenzwang

Auch der erbrechtliche Typenzwang stellt eine Einschränkung der Testierfreiheit dar.

Der Typenzwang schreibt im Interesse der Eindeutigkeit erbrechtlicher Gestaltungen den Gebrauch der gesetzlich vorgesehenen Instrumente, wie etwa der Erbeinsetzung, der Vor- und Nacherbfolge, des Vermächtnisses, der Auflage und der Testamentsvollstreckung, vor.

4. Selbstbindung

Soweit sich der Testierer durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament selbst gebunden hat, sind abweichende letztwillige Verfügungen unwirksam.

Um eine solche Selbstbindung des Erblassers für bestimmte Fälle, in denen auch die gesetzlichen Anfechtungsrechte nicht helfen, beseitigen zu können, sollte sich der Erblasser im Erbvertrag oder gemeinschaftlichen Testament eine Änderungsmöglichkeit (beim Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament) oder das Recht zum Rücktritt (beim Erbvertrag) vorbehalten.

Fortsetzung > Testamentsvollstreckung

Anruf
Mail